Alpine Bühnenkunst - von St.Moritz bis Zuoz

Das Zuoz Globe ist bereits seit Jahren eine feste Grösse im Engadin. Mit erweitertem Programm setzt es neben Eigenproduktionen auch auf Gastspiele. Mit der Gründung der Alpine Theater Company (ATC) im Jahr 2023 in St. Moritz hat die Theaterlandschaft im Engadin Zuwachs erhalten. Die ersten Aufführungen haben für Furore gesorgt. Beide verbinden sich mit anderen Theaterinstitutionen auch über das Tal hinaus.


Coronajahre waren für Kulturschaffende ein herber Einschnitt. Aufführungen waren gestrichen, arbeiten war für sie nahezu unmöglich. Eine grosse Herausforderung auch für Schauspielende und Theaterinstitutionen. Dieser Situation waren auch der teilweise in St. Moritz aufgewachsene Alexander Albrecht und sein österreichischer Partner Alexander Moitzi ausgesetzt. Um der Tristesse des zweiten Lockdowns zu entkommen, zogen sich die beiden nach St. Moritz zurück und fanden bald, es wäre doch schön, in St. Moritz eine stationäre Theatercompany zu gründen. Die beiden machten sich an die Arbeit ihrer ersten Produktion «Re:Mozart». «Wir haben die Geschichte von Mozart neu geschrieben und daraus ein Zweipersonenstück gemacht.» Konzipiert war die Produktion für einen Theaterraum von 50 bis 60 Plätzen, Albrecht nennt es in dieser Form Boutique-Theater. Den beiden Theatermachern ist der kleine, intime Rahmen mit der Nähe zum Publikum wichtig. Dass diese Strategie erfolgreich war, zeigten die Aufführungen von «Re:Mozart». Das Stück sorgte für Furore über die Kantonsgrenzen hinaus.

Exportschlager aus dem Engadin 

«Wir sind beide international tätig. Unser Handwerk haben wir auf Bühnen in Zürich und in Österreich gelernt, waren beide längere Zeit in New York und sind deshalb auch amerikanisch geprägt», erklärt Alexander Albrecht. «Was wir anstreben, ist Entertainment auf hohem Niveau, wie man es von amerikanischen Bühnen her kennt. Wir versuchen aber, die Stoffe mit modernen Mitteln zu brechen, zurück zur Magie des Schauspiels zu finden.» Dieses Konzept verfängt. Im Spätherbst 2024 verzauberte «Re:Mozart» auch das Zürcher Theaterpublikum. Der Erfolg liegt auch bei den beiden Schauspielern selbst. Alexander Albrecht war durch seine Rolle in der erfolgreichen Netflix-Serie «The Queen’s Gambit», der Sky-Serie «Little Birds» und der UFA-Serie «Kudamm 63» bereits einem breiten Publikum bekannt. Alexander Moitzi machte sich unter anderem an der Metropolitan Opera New York, am Off-Broadway, den Vereinigten Bühnen in Wien und den Bregenzer Festspielen einen Namen.

Verbindungen zu anderen Bündner Institutionen

«Re:Mozart» soll nun als Nächstes in Wien gezeigt werden. Die Gespräche dazu laufen. Schon während der Konzeptionsphase von «Re:Mozart» waren die beiden Schauspieler in Kontakt mit der Klibühni, der Postremise in Chur und vor dem Intendantenwechsel mit dem Theater Chur. Leider haben sich für Aufführungen von «Re:Mozart» aber keine Möglichkeiten ergeben, was Alexander Albrecht bedauert. Die Kontakte würden aber bleiben, versichert er. 

Das Zuoz Globe

Ganz anders entstanden und ausgerichtet ist das Theater des Lyceum Alpinum mit seinem fixen Standort in Zuoz. Eröffnet wurde es im Jahr 2011. Der Theatermann Giovanni Netzer brachte mit Schülerinnen und Schülern der Shakespeare Company erste deutschsprachige Shakespeare-Stücke auf die Bühne. Bald entstand eine zweite englischsprachige Theatergruppe. Der heutige Theaterleiter Ivo Bärtsch übernahm im Jahr 2014 die beiden Schultheatergruppen. Er legte den Fokus neu auf das Theater als Forum mit dem Format des Theatralen, um sich auszutauschen, und begann es auch als öffentliches Theater zu programmieren und zu positionieren. Das Zuoz Globe ist heute also die Heimbühne der Schultheatergruppen und gleichzeitig ein öffentlicher Spielbetrieb.

Öffentlicher Spielbetrieb mit breitem Programm

Nach wie vor stehen im Schultheaterbetrieb eine deutschsprachige und eine englischsprachige Gruppe auf der Bühne. Noch immer spielt die deutschsprachige Gruppe Shakespeare. «Wir fühlen uns aber nicht mehr so strikt dem englischen Barden verpflichtet, wie es Giovanni Netzer tat», erklärt Ivo Bärtsch. Die Stückwahl bei der englischsprachigen Gruppe ist mit zeitgenössischen Stücken offener gestaltet. Dazu kommt eine dritte Gruppe, die mit der Musikabteilung der Schule und selbst erarbeiteten Stücken zusammenarbeitet. Der öffentliche Spielbetrieb ist hingegen anders angelegt. «Ich möchte einen ganzjährigen Spielbetrieb anbieten mit einem Programm, das im Gegensatz zur ‹Hochglanz-Eventkultur› regelmässige Theaterbesuche zu moderaten Preisen ermöglicht», erklärt er. Das heisst, Ivo Bärtsch strebt ein «Alltagstheater» an, das vor allem Einheimische, aber auch Gäste anspricht. «Die Mischung mit einem Qualitätsanspruch, der zugänglich bleibt, ist mir wichtig.» Entsprechend setzt er neben Konzerten, Lesungen und Theaterstücken auch Komödien auf die Programmliste. Christian Jott Jenny bestritt bereits drei Abende im Zuoz Globe und Hampa Rest alias Luigi Panettone präsentierte seine legendäre Elvis-Show. Diesen Sommer wird «Tamangur» von Leta Semadeni auf die Zuozer Bühne kommen.

Ausbau im rätoromanischen Programm

Ausbauen möchte Ivo Bärtsch den Bereich der rätoromanischen Aufführungen. Bereits war die Schauspielerin Sara Francesca Hermann mit einem eigenen Stück im Zuoz Globe zu Gast. Als Präsident der «uniun travers», ein Verbund aus dem Lyceum Alpinum Zuoz, der Gemeinde Zuoz und der Lia Rumantscha, hat Ivo Bärtsch zudem weitere Möglichkeiten, das rätoromanische Theaterschaffen zu fördern. Die Partnerinstitutionen schreiben alle zwei Jahre den «premi travers» aus. «Dadurch kann das Zuoz Globe jeweils ein neues Stück koproduzieren», hält er fest. Das Publikum im Zuoz Globe stammt zu etwa 70 Prozent aus dem Engadin. 

Zusammenarbeit über den Berg

Kooperationen sind auch für Ivo Bärtsch ein Thema. Mit der Chesa Planta unterhält das Zuoz Globe eine Partnerschaft. So etwa in Bezug auf gegenseitige technische Unterstützung. In Nordbünden spannte das Theater auch schon mit dem Jugendtheaterfestival «Best» am Theater Chur zusammen. Mit dem Bereich Theater für das junge Publikum dieser Institution ist Ivo Bärtsch in stetigem Austausch. Der sei sehr wichtig, betont er. Auch wenn es bis jetzt noch nicht gelungen sei, solche Produktionen nach Zuoz zu bringen. 

Auch für Maike Lex, Direktorin des Theaters Chur, machen Kooperationen mit Südbündner Theaterbetrieben Sinn. Sie sei aber in der kurzen Zeit, die sie erst im Kanton sei, noch nicht dazugekommen, die verschiedenen Theaterinstitutionen kennenzulernen, entschuldigt sie sich. Um den Bogen vom Jugendtheater andernorts über den Berg zu spannen: Das Junge Theater Graubünden plant für die kommende Spielzeit 25/26 im Engadin erneut Angebote in verschiedenen Gemeinden, insbesondere Workshops für Kinder und Jugendliche. Beim Zuoz Globe stehen indes eine weitere Koproduktion mit der Uniun Travers sowie das rätoromanische Theaterfestival «festival travers zuoz» im Raum. 

Kooperationen und Austausch sind unbestritten wichtig. Für Ivo Bärtsch gilt aber das vorrangige Ziel, die Positionierung des Zuoz Globe im Rahmen der Möglichkeiten weiter zu stärken: «Ich möchte, dass das Zuoz Globe zu dem Theater im Engadin wird, in das man immer wieder gerne zurückkehrt.»

www.atc-stmoritz.com
www.lyceum-alpinum.ch

 
Text: Maya Höneisen 
Bild: Mayk Wendt

Dies ist nur eine von vielen spannenden Geschichten,
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